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Neuroophthalmologie & Elektrodiagnostik

von | Aug 3, 2021 | Allgemein | 0 Kommentare

Die Neuroophthalmologie beschäftigt sich einerseits mit Störungen der Reizwahrnehmung und -weiterleitung von der Netzhaut über den Sehnerven und die Sehbahnen in die hintere Sehrinde und weiter in die verschiedenen Wahrnehmungsregionen des Gehirns. Andererseits werden das Zusammenspiel der Augen, deren Bewegungen, deren Pupillenspiel von Nerven gesteuert, die ebenfalls von der Neuroophthalmologie beurteilt werden. Anhand einer Vielzahl an Symptomen und Befunden kann auf die Ursache und Lokalisation bestimmter Beschwerdebilder rückgeschlossen werden.

Die Basisuntersuchung nennt sich orthoptische Untersuchung. Gesichtsfeld, OCT (optische Cohärenztomographie), MRT des Gehirns und elektrodiagnostiche Verfahren (VEP, ERG, EOG), sowie in letzter Zeit zunehmend auch genetische Untersuchungen, stellen wichtige zusätzliche Informationsquellen dar. Gerade bei neuroophthalmologischen Beschwerdebildern haben sich in meiner Erfahrung komplementäre Zusatztherapien wie die Homöopathie und die Akupunktur sehr gut bewährt.

Kurzfassung:

Die elektrodiagnostischen Untersuchungsmethoden (VEP, ERG, EOG) überprüfen die Funktion einzelner Zellgruppen bzw. Abschnitte der Sehbahn. Dazu werden minimale Spannungsveränderungen vom Kopf, bzw. Augenlid/Bindehaut abgeleitet, die entstehen, wenn dem Auge Reizmuster oder Lichtreize verschiedener Stärke und Frequenz angeboten werden. Die Untersuchung ist nicht schmerzhaft, aber etwas zeitaufwändig. Sie ist wichtig für genetische Erkrankungen, entzündliche Erkrankungen und einige spezielle Medikamentenvergiftungen/ überdosierungen. Zur Abklärung unklarer Sehstörungen trägt sie als letzter kleiner Baustein bei. Obwohl sie mit einer „Maschine“ durchgeführt wird, ist für die Interpretation die genaue Befragung und Untersuchung des Patienten und die Zusammenschau der Befunde wichtig.

VEP:
Visuell evozierte Potenziale: hier handelt es sich um eine Sonderform des EEGs (Elektroenzephalogramms). Durch wiederholte Umkehr eines definierten Schachbrettmusters und Überlagerung der dadurch im Gehirn entstehenden elektrischen Potenziale, werden nur die mit dem Sehen zusammenhängenden Ableitungen herausgefiltert. Beurteilt werden im wesentlichen Höhe der Kurve (Amplitude) und Zeit bis zum höchsten Punkt (Latenz). Bei einer Erkrankung der Nervenisolierungen (Myelinscheiden bei Retrobulbärneuritis) dauert die Übertragung ins Gehirn länger und die Latenz ist somit verlängert. Retrobulbärneuritis kann oft isoliert auftreten, oder als ein Symptom der Multiplen Sklerose (MS). Wenn Sie die Diagnose Retrobulbärneuritis gestellt bekommen haben, ist es damit noch keine MS! Es ist eine räumliche und/oder zeitliche -Veränderung nachzuweisen, also mindestens einen weiteren Schub. Selbst dann weiß man noch nichts über den Verlauf, der sehr mild sein kann und NICHT zu der gefürchteten Behinderung führen braucht! Bitte besprechen Sie Ihre Sorgen mit ihrem Neurologen oder Augenarzt. Es können die Höhe und die Latenz verringert sein, das ist bei Druck auf den Sehnerven, Entzündungen oder auch Tumoren möglich, oder schlechtem Kontrastsehen! Daher ist immer die bestmöglich Brillenkorrektur auf die Entfernung (1 m) notwendig. Dauer der Untersuchung: kurz

Ganzfeld ERG:
Elektro-Retino-Gramm: zeitaufwändig. Die Augen werden weitgetropft (Fahrverbot!). Ein sehr dünnes Fädchen wird zwischen Unterlid und Bindehaut gelegt (im ev. mit Tropfen betäubten Auge). Eine Dunkelphase von mindestens 20 Minuten ist notwendig. Dann blickt man in eine Hohlkugel, in der Lichtblitze mit steigender Stärke und Frequenz aufleuchten. Die leichten Reize aktivieren die Stäbchen, die die ersten elektrischen Signale senden, die wiederum als Potenzialänderungen am Auge abgeleitet werden. Bei schnellem Flickern können die Stäbchen nicht mehr mit und überlassen die Potenzialbildung den Zapfen (für die Farben und das Tageslicht zuständig). Die bekommen auch Einzelblitze in hell beleuchteter Hohlkugel. Eine so genannte a-Welle zeigt die Funktion der Stäbchen / Zapfen an, gefolgt von der bwelle, die die Weiterleitung über Bipolarzellen in die Ganglienzellen zeigt. Diese Untersuchung ist wichtig zur Diagnose angeborener Erkrankungen der einzelnen Netzhautzellen. Bevor noch Veränderungen an der Netzhaut sichtbar werden, kann man schon die Diagnose an den Kurven erkennen.

Eine der häufigsten Erkrankungen, die damit festgestellt werden kann, ist die Retinopathia pigmentosa („Retinitis“ pigmentosa). Das Gesichtsfeld wird sehr langsam von außen nach innen immer kleiner. Der Prozess wird immer langsamer und gewöhnlich bleibt ein kleiner zentraler Rest. So ist im Gegensatz zur Maculopathie das Lesen meist noch möglich, aber die Orientierung schwierig, da man suchen muss, bis man den Punkt findet, zu dem man hinsehen will. Eine starke Gefährdung im Straßenverkehr erfordert oftmals das Tragen einer Blindenbinde. Es gibt allerdings sehr viele verschiedene Gendefekte die zu dieser Erkrankungsgruppe führen. Zusätzlich kann innerhalb einer Familie bei denen, die davon betroffen sind, der Zeitpunkt des Ausbruchs und die Geschwindigkeit des Fortschreitens sehr unterschiedlich sein. An Gentherapie wird geforscht, und die ersten erfolgreichen Therapieversuche bei einer anderen Augenerkrankung sind im Gange. Aber es wird noch geraume Zeit dauern. Von der so genannten Kuba Therapie ist dringend abzuraten. Vitamin A Einnahme wird zum Teil empfohlen, wobei Raucher davon ausgenommen sein sollten, da es Hinweise auf erhöhtes Lungenkrebsrisiko gibt.

Mit Homöopathie kann der Versuch einer Verlangsamung gemacht werden, eine Heilung des bereits eingetretenen Schadens ist nicht möglich. Eine Verbesserung des Umgangs mit der Erkrankung im Alltag ist möglich.

Pattern (=Muster)ERG:
Die Anlage der Elektroden erfolgt wie beim ERG, allerdings werden jetzt wieder Schachbrettmuster angeboten: man kann tendenziell erkennen, ob eine Sehschwäche eher von der Macula oder dem Sehnerv kommt. Multifokales ERG: ein sehr kompliziertes Programm an Reizbildern und deren Kombinationen ermöglicht das Erstellen einer ERG Kurve für definierte kleine Netzhautbereiche. Das ist für spezielle Fragestellungen bei seltenen Maculaerkrankungen wie Morbus Stargardt von Interesse.

EOG:
Elektro – OculoGramm. Sehr zeitaufwändig. Die Elektroden werden seitlich der Augen geklebt und die Augen müssen in Dunkelheit und dann in Helligkeit ständig links / rechts schauen. Dabei entstehen Potenziale, die bei Helligkeit doppelt so hoch sein sollten wie im Dunkeln. Das EOG ist pathologisch bei den meisten pathologischen ERGs. Allerdings ist es pathologisch mit normalem ERG beim Morbus Best. Dies ist eine seltene genetische Erkrankung, bei der die Macula (Netzhautmitte) ausfällt.

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